Seth Horvitz

von | Jun 30, 2011 | Archiv 2011, Reviews | 0 Kommentare

Seth Horvitz.
Eight Studies For Automatic Piano.
Line.

Man stelle sich vor, das Licht im Konzertsaal geht aus, das Publikum raschelt noch ein letztes Mal umständlich mit den Programmheftchen – der ostentative Räusperer soll hier auch nicht unerwähnt bleiben – das Licht geht wieder an und der ruhmbetupft begnadete Pianist zieht seine Tastenzauber einen nach dem anderen aus den schlanken Fingern. In diesem Falle nicht so ganz richtig, das Piano spielt hier solo, alleine und midigetrieben, an der einen oder anderen Stelle seine technischen Schwächen, mit Stakkatokaskaden die Anatomie sprengenden tonalen Abenteuer schwer vertuschen könnend. Gewollt oder nicht, die Präzision hat eben nicht nur Vorteile, das herrenlose Instrument hingegen kann mit vierzehn Fingern beeindrucken, so es denn will und dennoch, wir beklatschen mächtig den Kopf gewaschen nach exakt den immer gleichen 45 Minuten und 40 Sekunden den Komponisten für seine Idee, nicht für seine brav durchtaktende Technik. Seth Horvitz, dem Saal auch unter seinem aka Sutekh bekannt, hat die acht Tracks des Albums in der Littlefield Concert Hall in Oakland mit einem Yamaha Disklavier C7 Mark III ohne Publikum aufgenommen. Je weiter man sich in die CD hineinwagt, desto weniger kann man sich bei der sich steigernd aufdrängenden Vorstellung dem Schmunzeln entziehen, wie ein eifriger Hammermechanikdrücker wohl aussehen möge, anlässlich dieser partiell hochakrobatischen Grosstaten. Es sind dann auch einige ruhigere Passagen vertreten. Ein unnötiger, geschmacksgetrübter Witz also? Im Gegenteil, ein bewundernswürdiges Experiment mit erstaunlichen Klangergebnissen und auch ein, zwei, mitunter drei kleinen, ein wenig hervorgestreckten Mittelfingern.

raabe