Rewind: Klassiker, neu gehört – Jóhann Jóhannsson – Fordlandia – (2008)

Rewind: Klassiker, neu gehört
Jóhann Jóhannsson – Fordlandia (2008)

Das Filter – Gespräch: Thaddeus Herrmann, Martin Raabenstein – 11.10.2018

Am 9. Februar 2018 starb Jóhann Jóhannsson. Zu diesem Zeitpunkt war aus dem isländischen Komponisten nach einer knapp 20-jährigen Karriere ein Weltstar geworden – überhäuft mit Auszeichnungen, vor allem für seine Soundtracks immer größerer Hollywood-Produktionen. Wer hätte 2002 schon damit gerechnet, dass aus dem Künstler, der damals auf dem wundervollen, aber doch auch sehr kleinen Londoner Touch-Label sein erstes Album „Englabörn“ veröffentlichte, mal der werden würde, der die Cinemaxx-Leinwände orchestriert? Seine Fans haben es ihm vielleicht gewünscht, insgeheim aber auch gehofft, dass es nie dazu kommen würde. Denn in Jóhannssons Musik lebte hinter der großen Geste auch immer die kleine ausgestreckte Hand, die man mit niemandem teilen wollte – schon gar nicht den Filmstudios. Jóhannssons Begabung, klassische Musik alles andere als klassisch klingen zu lassen, resultierte in den folgenden Jahren in gleich mehreren Alben, die heute – ja – Klassiker sind. Klassiker eines Genres oder einer Idee, die bis heute keinen Namen hat und auch nicht verdient hätte: Wer seiner Zeit voraus ist, muss sich nicht mit den Nachzüglern gemein machen. „Fordlandia“ ist eines dieser Alben. Martin Raabenstein und Thaddeus Herrmann hören mucksmäuschenstill zu.

Martin Raabenstein: Kann man „Odi et Amo“ von Jóhannssons 2002er-Album „Englabörn“ eigentlich noch toppen? Wenn auf dem ersten Soloalbum schon der erste Track die Latte so himmelhoch hängt, wie kommt man da in Folge immer wieder drüber?

Thaddeus Herrmann: Du warst später ja ganz optimistisch. Und ich überhöre diese Frage lieber – mir fehlt die passende Antwort. Ich schätze „Englabörn“ sehr, purzele aber ohnehin immer ganz tief in Jóhanns Platten hinein, wenn ich sie wieder von Neuem höre. So ging es mir auch hier. Der Opener und der Closer – die beiden Versionen des namensgebenden Themas – bilden eine derart starke Klammer, dass es mir fast schon egal ist, was dazwischen passiert. Und mich auch ausblenden lässt, dass Jóhannsson Henry Ford zum Sujet der Platte macht.

Martin: Lustig, dass du dich an diese Review erinnerst, lang, lang ist’s her. Ein paar Alben, also Jahre später, bin ich da dezent kritischer. Gerade die von dir erwähnten Tracks sind mein schmerzender Zahn.

Thaddeus: Hab ich es doch gewusst!

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