Mitgehört: Musik aus dem Filter-Schwarm – Heute: Thorsten Lütz, Label-Betreiber und DJ

Mitgehört: Musik aus dem Filter-Schwarm
Heute: Thorsten Lütz, Label-Betreiber und DJ
Das Filter – Interview vom 11.02.2019

In seiner Kolumne „Mitgehört“ befragt Martin Raabenstein ganz unterschiedliche Menschen, was sie musikalisch umtreibt. Von prägenden Momenten bis zu aktuellen Highlights: Die Jukebox des Filter-Schwarms wird mit jeder Folge bunter. Dieses Mal: Thorsten Lütz aka Strobocop, der Macher des wunderbaren Labels Karaoke Kalk.

Lieber Thorsten, magst du dich zunächst kurz vorstellen?

Eigentlich bin ich so ein klassisches 1970er-Jahre-Gewächs. 1971 in Köln geboren, abgebrochenes Studium, dann diverse Jobs im Gastronomiebereich und ein Gastspiel als Praktikant und anschließend als freier Mitarbeiter beim dem nun nicht mehr existierenden Musiksender VIVA. 1997 habe ich dann mit Karaoke Kalk angefangen, bin 2003 nach Berlin gezogen und habe 2005 noch ein Sublabel, inzwischen eingestellt, namens Kalk Pets gegründet. Bis zum Ende der Nuller-Jahre war ich noch als semi-bekannter Dj unterwegs, um dann 2011 bei Manmade Mastering anzuheuern.

Schön, dass du uns in deinen musikalischen Alltag schauen lässt. Bevor es damit losgeht: Woran arbeitest du gerade?

Ich teile meine Zeit zwischen der Label-Arbeit und meinem Job hier bei Manmade, einem Studio für Mastering & Vinylschnitt in Berlin. Ich kümmere mich um die Administration. Also die Kommunikation mit unseren Kunden, Disposition und so weiter. Ziemlich praktisch, da ich auch mein Label-Büro dort habe. Ich kann fließend arbeiten und da Mike Grinser, einer der Inhaber, für das Mastering und den Schnitt von nahezu allen Kalk-Veröffentlichungen in den letzten Jahren verantwortlich ist, würde ich von einer fast perfekten Symbiose sprechen.

Was das Label betrifft arbeite ich gerade an der neuen Veröffentlichung des neuen Albums von Donna Regina, das am 22. Februar erscheint. Weiterhin an einem neuen Album des französischen Musikers Astrobal, der aktuell auch als Schlagzeuger von und mit Laetitia Sadier auf Tour ist. Sein Album „L’infini, l’Univers et les Mondes“ ist für Ende April geplant. Außerdem hat Mike gerade das neue Album von Il Tempo Gigante gemastert. Diese Veröffentlichung steht Ende Mai an.

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Will Samson

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Will Samson.
Light Shadows.
Karaoke Kalk.

Die Erfahrung einen nahen Menschen zu verlieren ist durch nichts vermittelbar. Nach einem sehr umtriebigen Jahr auf Tour durchlief Will Samson dieses dunkle Tal und zog sich zur Besinnung nach Indien zurück.
Die Reflektionen über diesen traurigen Lebensabschnitt sind nun auf einer 4 Track EP für Karaoke Kalk zu hören, eingespielt mit Samsons Buddy Florian Franzel, der auch bei dessen Longplayer „Balance“ mitproduzierte. „Light Shadow“ ist den Umständen entsprechend ein sehr verhaltener, ruhig im leicht geschwungenen Flussbett dahingleitender, elektro-akustischer Release, der nur im ersten Track durch eine „keine-Angst-es-wird-schon-weitergehn“ 4/4 Kick etwas irritirend eingetaktet wird. Herzerweichende, traurigschöne Musik über die Bon Iver die schützende Hand hält.

Ritornell

ritornell

Ritornell.
Aquarium Eyes.
Karaoke Kalk.

Die Liste der Projekte, an denen Richard Eigner und Roman Gerold aka Ritornell beteiligt waren und sind, ist ellenlang, bei Flying Lotus, Dimlite, Andreya Triana und vielen Anderen haben die Musiker ihre Spuren gelegt. Nun folgt das zweite Studioalbum „Aquarium Eyes“ auf Karaoke Kalk, ein frühlingsfrischer, warmer Gruss und wieder drehen die beiden Österreicher auf erstaunlich einfache, aber umsomehr effektive Weise ihre Regler an der vielerorts sehr geschundenen Schnittstelle zwischen akustischer Musik und Elektronik; mit gelegentlichen Zügen in den Jazz. Es gibt wenige Projekte die ein subtiles Knistern so punktgenau gegen ein Klavier, Kontrabass oder Vibrafon setzen können, und darüberhinaus, gerade auch im Weglassen ihrer musikalischen Textur einen äusserst individuellen Freiraum gestatten. Hinzu kommt dass ein derart feines Multi-Genre Gespinst gerne von allzu emotionalisierten Vokalisten ordentlich durcheinandergezupft werden kann, nicht aber so in diesem Fall. Die Wienerin Mimu umrundet die hier gesponnenen feinen Fäden mit dezenter Finesse in ihrer Gesangsakrobatik. Wenn man dann noch eine so exquisit gelungene Coverversion des Roxy Music Klassikers „In Every Dreamhole A Heartache“ obendrauflegt, lacht die Sonne und der Mensch freut sich.

Emanuele Errante

Emanuele Errante.
Time Elapsing Handheld.
Karaoke Kalk.

Durch seine Zusammenarbeit mit Dakota Suite landet Emanuele Errante’s viertes Album bei Karaoke Kalk und beschert dem Berliner Label  einen unaufgeregten, Gitarren- und Synthdurchwebten Ambientrelease. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger „Gouache‘ nimmt sich Errante auf „Time Elapsing Handheld“ sehr viel mehr Zeit und zieht seine kompositorischen Impressionen weit in die Fläche, das Bild wird breiter und langsamer; fast als würde er der winterlichen Jahreszeit folgend die körperlichen Bemühungen reduzieren um in der eingemümmelten Ruhe das Geschehen besser, genauer erfassen zu können. Was er dabei aufspürt und hier auf sieben Tracks achtsam verteilt sind kleine Spösslinge musikalischer Finesse, spriessend auf kargem aber nicht unwilligem Boden. Ein sachter Entdecker den es zu entdecken gilt.