Hängengeblieben 2018 – Unser großer Jahresrückblick

Hängengeblieben 2018
Unser großer Jahresrückblick
Das Filter – Die Raabenstein Beiträge vom 21.12.2018

Ein Sommer ohne Märchen, eine AKK ohne 4711 auf dem Dancefloor, Daten ohne Schutz aber mit Verordnung und jede Menge Ehrenmänner in der Heißzeit des Jahrhunderts: alles in 8K und 5G. Wie auch die letzten Jahre gibt es dieses Jahr den großen Das-Filter-Jahresrückblick. Was ist hängengeblieben von 2018? Wie immer subjektiv, perspektivisch und independent erklären unsere Autoren und Redakteure, was ging in den Bereichen Musik, Kultur, Technik, Gesellschaft und Medien. Auf ein gutes 2019. Euer Das-Filter-Team.

Diesel
Nirgends lässt sich das ewig absurde Ringelreihen zwischen Politik und Wirtschaft besser beschreiben als in der immer noch aktuellen Dieselaffäre. Die Regierung gibt neue Abgaswerte vor, der Firma Bosch gelingt die Konstruktion feinsinniger Apparate diese Reglementierungen zu umgehen, die Täuschung fliegt auf. Anstatt diesen Moment ernst zu nehmen, wird weiter getarnt, getäuscht und bezichtigt, als wäre die sofortige Findung pseudo-intelligenter Schuldzuweisungen die einzig mögliche Geistesleistung aller Beteiligten. Zugegeben, hier geht es um mächtig große Summen, die, wie schon bei vielen vorhergegangenen Skandalen, nur in den Taschen der Steuerzahler zu finden sein werden. Jetzt folgen Fahrverbote, Entschädigungsforderungen und ein Ende der Farce ist nicht in Sicht. Allen großen Automobilkonzernen liegen die Pläne für Dieselmotoren vor, die die aktuellen Maximal-Werte weit unterschreiten, der Diesel aber ist gerade verbrannt. Jetzt werden erstmal Benziner gepusht, und wenn sich der Staub gelegt hat, so denkt man, kann man die Archive wieder einen Spalt öffnen.

Grün
Es grünt so grün wenn Politikerträume blühn. Im vierten Jahrzehnt ihrer Existenz waren die Grünen im absoluten Umfragerausch, die Regierungsübernahme schien greifbar, selbst eine Kanzlerschaft nicht auszuschließen. Die Euphorie hat sich wieder abgekühlt, aber dennoch, was lange gereift und durch verschiedenste Häutungen nun endlich im Bewusstsein der deutschen Wählerschaft angekommen ist, kann nicht nur im schwarzen Bayern punkten, auch im Nachbarland Baden-Württemberg zeigt der ökologisch aufgemuskelte Kosmopolit auf zukünftige und notwendige Änderungen und Visionen. Fatal an dieser konstruierten Zielgeraden ist nur, dass auch die Gegenseite des politischen Spektrums nicht nur massiv aufgerüstet hat, sich vielmehr sehr effektiv wildernd der selben Strategien politischer Meinungsbildung bedient. Wer glaubt, man müsse nur mit erhobenem Finger auf Logik und Wissenschaft verweisen, um grundlegende gesellschaftliche Umwandlungen herbeizuführen, muss nur ganz kurz über den Zaun nach Frankreich blicken. Müll zu trennen und diesen gegebenenfalls sogar drastisch zu reduzieren, ist etwas essentiell anderes, als die langfristig notwendige Trennung vom eigenen Auto durchzusetzen. Die Franzosen errichten gerade Barrikaden auf den Champs-Elysées, das machen sie gerne. Soweit wird es auf dem Kurfürstendamm nicht kommen – eine intelligente und bürgernahe Heranführung an diese explosiven Themen hingegen ist dringend anzuraten, um der Rechten unseres Landes nicht zusätzlichen Brennstoff auf deren Fackeln zu gießen. Inzwischen geht es in Frankreich um mehr als nur als die Steuern auf Benzin. On vera.

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Das Filter – Hängengeblieben 2017 – Unser großer Jahresrückblick

Hängengeblieben 2017
Unser großer Jahresrückblick
Das Filter – Die Raabenstein Beiträge vom 22.12.2017

So. Wie war denn nun das Jahr 2017? Besser oder schlechter als die letzten beiden oder hat man es sich bereits in den postfaktischen Trump-AfD-Neonazi-Zeiten nischig bequem gemacht? Wie auch die letzten Jahre gibt es dieses Jahr den großen Das-Filter-Jahresrückblick. Was ist hängengeblieben von 2017? Wie immer subjektiv, perspektivisch und independent erklären unsere Autoren und Redakteure, was ging in den Bereichen Musik, Kultur, Technik, Gesellschaft und Medien. Auf ein gutes 2018. Euer Das-Filter-Team.

Angst
Wenn John Cage sich wunderte, warum Menschen Angst vor neuen Ideen haben, er hingegen aber die alten fürchtete, sind wir mitten beim Thema: Angst. Oder besser deren Zurschaustellung. In früheren Zeiten wohlwollend als medizinisch zu behandelnder Gemütszustand betrachtet, scheint in der jüngeren Vergangenheit die Heilung weniger angestrebt als vielmehr den angsterfüllten Status Quo zu halten. Die Hilflosigkeit reizt vermeintlich zum Verbleib in diesem Gefüge, das Opfer möchte Opfer bleiben und dies laut herausschreien. In einer Zeit grenzenlos optimierter Datenverbreitung sucht das geschundene Tier nach Verbündeten – atemberaubend, wie sich in diesem Zusammenhang die Geschwindigkeit des Netzes mit massensammelnder Hysterie zu einer ohrenbetäubenden Stampede verdichtet. Nix Neues soweit? Glüht gerade wirklich an jeder Ecke ein neuer Topf auf, mit wütend herausquellenden Themen und Thesen? Zieht man an dieser Stelle die individuelle Trennlinie zwischen zu befürwortenden Standpunkten und den weniger verständlichen bis obskuren Theorien, rasselt sich die Welt en gros zum fahnenschwingend kämpferischen Aufbruch. Toilettennutzung, Artensterben, Düngemittel, Fleisch, mit den schon etwas älteren Positionen Waffen, Migration, Kapitalismus, Sexismus und Rassismus irgendwo im Mittelfeld, Bahnhöfe, Flughäfen oder Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor sind irgendwo auch noch dabei. Die Zeit, in der man gegen den Vietnamkrieg auf die Straße ging oder gegen Atomkraft demonstrierte, wirken dagegen wundersam friedlich und überschaubar. Dazu noch, auf allen wimpelschwingenden Stangen, die Moral. Verbunden mit der Angst zwei eng umschlungene und äußerst gefährliche Weggefährten. „Bist du nicht mein Freund, bist du mein Feind“ ist der neue Sex. Die Zeit des vermittelnden Gespräches scheint vorüber. Die Gemüter sind erhitzt, der Planet brennt. Kommen da noch die zu erwartenden zwei bis drei Grad Erderwärmung hinzu, explodiert der Kessel. Spannend eigentlich, aber gefährlich.

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