Franz Kirmann – Interview

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Wenn der Fuchs die Gans gestohlen hat, gibt er sie nicht wieder her.
Oder etwa doch? Ein Interview mit dem Herrn der Knöpfe Franz Kirmann.

Mit Hilfe intelligenter Technologie und einem weiten musikalischen Horizont bringt der Franzose Francois Kirmann Gamaury aka Franz Kirmann sein Mischpult mächtig zum Glühen. Nicht nur die Blamage bei der letzten Olympiade, auch andernorts lacht die Welt über die Herren der Lüfte, deren sanfte Fingerpantomimen zwar schick anzusehen, bei genauerer Betrachtung allerdings keinen echten Regler berühren. Franz Kirmann ist da deutlich handfester. Ambient, Noise, Modern Classical, Kirmann schiebt mit erstaunlich erfrischenden Ergebnissen alles durch seine Kanäle. Nach dem Auftritt seines Projektes Piano Interrupted im Berliner Radialsystem hatten wir die Chance zu einem Interview.

Raa – Du gehst mit deinem aktuellen, auf Denovali erschienen Soloalbum „Elysian Park“ auf Tour, Hamburg und Berlin sind die beiden deutschen Stationen. Piano Interrupted, deiner Kollaboration mit dem Pianisten Tom Hodge konnten wir gerade hier im Radialsystem lauschen. Was sind die Gemeinsamkeiten, die Unterschiede dabei?

FK – Da sind grosse Unterschiede. Die „Elysian Park“ Shows sind eher konzeptionell, näher an einer Kunstinstallation mit Live Visuals. Diese sind ein wichtiger Part und meine Performance ist eher ein DJ Set, bei dem ich Teile des Album präsentiere. Bei Piano Interrupted verwende ich den Mixer eher als voll integriertes Live Instrument.

Raa – Was ist deine Rolle bei Piano Interrupted?

FK – Bei diesem Projekt ging es immer um den Dialog zwischen der traditionellen, analogen Welt, hauptsächlich Tom Hodge am Piano und meiner digitalen Bearbeitung davon. Die Interaktion dieser beiden Welten bildet die Kernidee, bei der wir je nachdem andere Musiker hinzubitten, im aktuellen Fall den Kontrabassisten Tim Fairhall. Details »

Was vom Sex übrigbleibt. Ein Trauerspiel.

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Was vom Sex übrigbleibt.
Ein Trauerspiel.

Besseren Sex, eine gerechtere Welt und Lebensqualität, drei auf vollmundige Weise verknüpfte Allgemeinplätze bilden die Einleitung zu einem Pro-Feminismus-Artikel von Männern für Männer in der „Zeit“. Von Sex ist im weiteren Verlauf der Werbeschrift eigenartigerweise keine Rede mehr. Bei genauer Durchsicht erweist sich die Schrift als viellettriges, aber inhaltstrockenes „How-to-do-it“ für Feminismus Novizen. Warum also Sex hier überhaupt thematisieren? Sind wir auf der falschen Website? Dumme Leute schreiben nicht für diese Zeitschrift, so sagt man, das Dilemma scheint sich hinter mehr als einem tumb nachgebastelten Yellow-Press-Aufmacher zu verbergen.

Sex, der feuchte Angelhaken, der Schock. Sex, die Kampfansage, das kindliche Kichern darüber, die Scham. Sex in allem, in allen und doch so ein Nichtwort. Sex, du tust mir leid. Deiner natürlichen Unschuld so vielfach enthoben, bist du Spielball unendlich diverser Deutungsuniversen. Jeder nutzt, keiner schüzt dich. Keine Struktur, Metapher oder Meta-Botschaft wird dir gerecht, du verkommst zur schlüpfrigen Bananenschale des jeweils Andersdenkenden. Als Opfer deiner ehemaligen, historischen Unkorrektheit bist du hilflos den ausgeweideten Schlachtfeldern politischer Devianz ausgesetzt. Benutzt, beschmutzt, Sex, du bist soweit weg von dir, entkoppelt von deiner eigentlichen Schönheit. Dem körperlichen Akt. Details »

Loop + Loop + Loop +

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Play it again, Sam !!!
Segen und Fluch der Wiederholung.

Zuviel, viel zuviel Gestern im Heute und wenig, bis gar kein Morgen. Die postmoderne Tragödie labt sich nun schon im fünften Jahrzent an der traurigen Leier um Stillstand und Verzagen. Das Neue bedient sich beflissentlich am Alten, der Kreis scheint geschlossen. Zwei Bücher beleuchten nun, wie sich die erschlappte Moderne in den Schwanz beisst.

Zugegebenermaßen, das Kleinkind lernt an Wiederholungen, wächst am Kopieren der Erwachsenen. Was aber, wenn das Kindchen dann selber gross und die x-te Repetition des einst Vielgeliebten zum öden Wiederkau verkommt? Tilmann Baumgärtels Buch „Schleifen. Zur Geschichte und Ästhetik des Loops“ schafft hier Abhilfe. Letzten Sommer erschienen, behandelt die Schrift des Mainzer Medientheorieprofessors künstlerische Auseinandersetzungsstrategien mit der Schleifenform. Das Who-is-who musikalischer Innovation wird hier entsprechend des jeweiligen technischen Entwicklungsstandes vorgestellt. Pierre Schaeffer, Karlheinz Stockhausen, La Monte Young, Terry Riley und Steve Reich übten sich an der freudvollen Wiederholung und sind, so Baumgärtel, die Urväter modernen Musikschaffens. Details »

Martin Borowski – Pool

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Martin Borowski – Pool.
Diehl Cube, Berlin.

Martin Borowski gibt nicht alles. Als feingeistiger Analyst zeitgenössisch artistischer Spektakel, verweigert er sich und uns die Teilnahme am kreischend inszenierten Feuerwerk seiner künstlerischen Zunft. Borowski gibt nicht alles, weil es dessen nicht bedarf. Warum malen, was andernorts das Auge ersäuft, warum dem in bildnerischer Reizüberflutung treibenden Publikum eine Bildidee hinterher feuern, das dieser derben Kurzweil schon so vielfach erlegen ist?

Borowski scheint ökonomisch, etwas fehlt hier und ist gleichwohl Teil der Bildfindung. Ist der Künstler darum ein Nassauer, ein Parasit, wie so eindrücklich von Michel Serres beschrieben? Setzt er still an der Arbeit Anderer an, ruht wohlig in deren Betriebshitze? Der französiche Philosoph sagt „Parasit sein heisst: bei jemandem speisen“ also von Anderem zehren und eben das trifft hier nicht zu. Details »

David Bowie – RIP

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Der Mars hat seinen schillerndsten Botschafter verloren.
Die gute Nachricht ist, der stillere von beiden, Brian Eno, lebt noch.

Die wandlungsfähigste Ikone der Popgeschichte ist im Alter von 69 Jahren seinem Krebsleiden erlegen. Chamäleon für die Einen, Gott der Anderen, das musikalische Spektrum David Bowies bildet eine unendlich weite Projektionsfläche individueller Erinnerungskultur.

Der Imagewechsel vom unscheinbaren, bebrillten Liedermacher der End-1960er zum, die Geschlechtergrenzen überschreitenden, den Glamrock clever als Sprungbrett nutzenden Alien der Ziggy Stardust Ära, ist die entscheidende Bewegung und Blueprint für alle weiteren Stilscharaden des Musikers. Das Publikum beklatschte begeistert alle folgenden Wandlungen des Herren, und das waren wahrlich viele. Es ist dabei ein absolutes Phänomen an sich daß Bowie an Popularität nie verlor, trotz vieler durchaus durchschnittlicher, die musikalischen Höheflüge der 70er nicht mehr erreichender Veröffentlichungen. Details »

Roy Batty – N6MAA10816

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Replikanten !!! Euch wurde heut ein Heiland geboren.

N6MAA10816, ein Nexus-6 Kampfmodell mit Namen Roy Batty wurde heute, am 8. Januar 2016 in Betrieb genommen. Er wir um seine und eure Rechte kämpfen, dann euren Schöpfer Eldon Tyrell ermorden. Und wie es nun mal mit Heiländern so ist, wissen wir jetzt schon dass er scheitern wird. Und natürlich auch, warum.

Die wohl ergreifendste Sterbeszene eines dem Menschen nachempfundenen Roboters bildet den krönenden Abschluss des Science-Fiction Klassikers „Blade Runner“. 1982 unter der Regie von Ridley Scott erschienen, ist dieser Kultklassiker bis heute in Sachen Story, Darstellung und Ausstattung unerreicht. Nach der Vorlage von Philip K. Dick inszeniert, gilt „Blade Runner“ als Blueprint des Cyberpunk und prägt bis heute das Bild ambitionierten Filmschaffens des Genres.

Es ist nicht verwunderlich dass Dicks im Jahre 1968 erschienener Roman „Do androids dream of electonic sheep“ sehr explizit die Frage beleuchtet, was menschlich ist, den Menschen bewegt, während zeitgleich auf den Strassen von Berlin, Prag und Paris Strassenkämpfe um zivile Rechte, Rassismus, Feminismus und Kriegsopposition toben. Details »