Kammerflimmer Kollektief

Kammerflimmer Kollektief.
Wildling.
Staubgold.

Das sechsköpfige Karlsruher Wunder schafft auf ihrem mittlerweile achten Release erneut eine tiefe und reiche Melange unterschiedlichster Stileinflüsse. Ein leichtes Augenwischen und dann hat man auch den Pressetext von Dietmar Dath hierzu gelesen, schön die Leier lang geschlagen.  Wenn das Label Staubgold verlauten lässt, dass hier das gleichzeitig stärkste und verletzlichste Album von KK vorliegt, geht man zunächst mal auf Tauchgang, ob solcher gewaltigen Wagnis. Würde da nicht im Hintergrund das Album weiter seine Bahnen um meine Lautsprecher ziehen, eben stark und verletzlich – warum eigentlich? Ich bin kein grosser Fan von Heike Aumüllers Gesangsimprovisation, das Folk-Jazz-Country-Kraut ist auch nicht frisch gezupft, was nun? KK schaffen es in wilder Schönheit als Schwan mitten ins Bild zu schwimmen, um dort  selbstbewusst, scheinbar sinnlich treibend zu verbleiben. Die Touristen kommen und schiessen ihr obligatorisches See-Schwan-Schloss Photo und sind glücklich. Der Schwan ist noch da, wenn auch alle schon an ihrer dazugehörigen Schweinshaxe nagen. Er wird wohl nie bei Tageslicht ans Ufer kommen, vielleicht weiss er um seine hässlichen Füsse. Ganz egal, ‚Wildling’ ist mitten im Bild und ich weiss nicht weiter. Ich wehre mich innerlich mit noch fieseren Assoziationen als der mit den Füssen, wünsche mir Stücke wie ‚Lichterloh’ zurück, lege es zum Trotz auch zwischendurch mal auf und erfreue mich zum einmillionsten Mal an diesem dudeligen dämlichen Saxofon, der Schwan bleibt. Weiss der Schwan um den Schwan, um seine Wichtigkeit im Bild? Weiss er um seine Selbstverständlichkeit, seine unschlagbare Präsenz, oder kann er gar nicht anders als Anderen ins Bild schwimmen? Weiss er dass ich sein Photo anschaue, bevor ich schlafen gehe?

Broadcast & The Focus Group

Broadcast & The Focus Group.
…Investigate Witch Cults Of The Radio Age.
Warp.

Broadcast liefern mit satanischen Versen / Library music und sphärischen Sci-fi Effekten verschmierte Popsongs. Trish Keenan und James Cargill’s seit 1995 bestehendes Projekt stösst hier auf Julian House aka The Focus Group, Artdirector und Gründer des Ghost Box Labels. Was The Focus Group an britischem Folklore-meets-Vintage-Bbc-School-Programs-Extravaganza seiner bisherigen Kultstatus erreichenden Veröffentlichungen vorgibt,  wird auf diesem Mini Album zu einem sicherlich nicht jedermann zugänglichem Hörerlebnis verschmolzen. „… Investigates Witch Cults Of The Radio Age“ balanziert fein auf der Linie zwischen einer stotternden, bewusst verstörenden Disharmonie und in langen Fäden eingewobenen Popversatzstücken. Beide Elemente spielen wie junge Hunde mitenander, knuffen und zwicken sich und geben dem Hörer wenig Chancen, wenn auch nur für einen Augenblick ein Gesamtbild zu erhaschen. Hier ein Schrei, dort ein kaputtes Harpsinchord das über eine Flöte brettert. Das würde bei einer vollen Albumlänge sicherlich zu schwerer Ermüdung führen, 23 Minuten aber in dieser Form sind wohltuend und anregend. Das postpupertär anmutende Spiel mit dem Paranormalen bleibt europäisch erträglich und augenzwinkernd, hier spielen junge Mädchen und ihre schüchternen Cousins mit Oma’s Glaskugel. This is not america, wie wahr – ob das die Zukunft ist kann man so nicht sehen. Wer das will muss die Oma ranlassen, nur wenn die schreit, dann ist es echt. Trotzdem, dies ist ein sehr schöner Wurf.

Kelpe

Kelpe.
Chocolate Money EP.
Fremdtunes.

Kelpe aka Kel McKeown der mit Chris Walmsley (Broadcast, Psapp etc) als Support für Holy Fuck und To Rococco Rot vor vollen Hallen begeisterte, bringt für das holländische Fremdtunes Label seine „Chocolate Money“ EP an den Start. Von klassischem Warp Sound, Sly Stone und Steve Reich inspiriert zeigt Kelpe mit zwei Originalen und drei Remixen dass es auch diesseits des Atlantiks gelingt verhuschte Psych-Rock-Elemente mit Dubstep Bassmonstern zu quirligen HipHoptunes zu verbasteln. Downbeat Wonky für Fans von The Gaslamp Killer und Dorian Concept.