Rewind: Klassiker, neu gehört – Pixies – Doolittle (1989)

Rewind: Klassiker, neu gehört
Pixies – Doolittle (1989)
Das Filter – Gespräch: Thaddeus Herrmann, Martin Raabenstein vom 24.06.2019

Dem Sound der Pixies konnte man Ende der 1980er-Jahre nicht mit einem einzigen beschreibenden Begriff beikommen. Dafür war viel zu viel los im Kopf von Frank Black aka Black Francis, der das Songwriting fast schon manisch an sich riss und seine drei Band-Mitglieder Kim Deal, David Lovering und Joey Santiago auf die Plätze verwies. Das sollte später zu Problemen führen. 1989 jedoch, als „Doolittle“ auf 4AD erschien, war noch fast alles in Butter. Blacks exaltierter Gesang wuselte selbstsicher durch einen musikalischen Kosmos, der zwar Hardcore atmete, aber viel mehr wollte und war. In der US-amerikanischen Heimat der Band wurde „Doolittle“ zwar nicht ignoriert, den großen Erfolg feierte die Band jedoch in Europa. Das Album erreichte in Großbritannien die Top 10, der Song „Monkey Gone To Heaven“ ist einer der ganz großen Klassiker der Musikgeschichte. Und über Klassiker debattieren Martin Raabenstein und Thaddeus Herrmann besonders gern. Ein seltener Moment der Einigkeit entspinnt sich zwischen den beiden Musikkritikern: zwischen Vinyl-zerstörendem Bauschutt, Spotify-Payola und Musik-inspirierter Kunst. Derweil wacht der Monkey im Heaven über einen in der Berliner Hitze wild ventilierenden PowerMac und hält Kurt Cobain die Ohren zu. Zeit abzuhotten.

Martin Raabenstein: Das Wetter entspricht nicht so ganz dieser Musik, es ist zu heiß.

Thaddeus Herrmann: Aber bei Rockmusik geht es doch um Schweiß. Das ist ja so ein Album, das man eigentlich zu fast allen Gelegenheiten hören kann. Wenn man es denn mag.

Martin: Das wird dann aber jetzt sehr sehr schnell schwitzig hier, lass uns erst mal abhotten.

Thaddeus: Zu welchen Tracks bzw. Styles hottest du denn besonders gerne auf „Doolittle“? Genau das macht für mich dieses Album aus. Es will ein bisschen alles sein und passt so eigentlich gar nicht in die Post-Hardcore-Zeit der USA. Wenn die überhaupt schon vorbei war, ich kenne mich da nicht so richtig gut aus. Aber Hardcore dies ja never, wie we all know. Details »

Mitgehört: Musik aus dem Filter-Schwarm – Heute: Martin Backes – Künstler, Hacker und Musiker

Mitgehört: Musik aus dem Filter-Schwarm
Heute: Martin Backes – Künstler, Hacker und Musiker
Das Filter – Protokoll vom 03.6.2019

In seiner Kolumne „Mitgehört“ befragt Martin Raabenstein ganz unterschiedliche Menschen, was sie musikalisch umtreibt. Von prägenden Momenten bis zu aktuellen Highlights: Die Jukebox des Filter-Schwarms wird mit jeder Folge bunter. Dieses Mal: Martin Backes. In seiner Kunst ist der Wahlberliner multi- und interdisziplinär unterwegs, Musik dabei oft eine entscheidende Komponente. Das kommt nicht von ungefähr. Denn Backes war erst Club-Betreiber und DJ, bevor er sich mehr und mehr der immersiven Kunst verschrieb. So jemand legt sich nicht auf einen Style, einen Track oder ein Album fest, wenn Martin Raabenstein mithört. Gut so.

Lieber Martin, stell dich doch zunächst kurz vor.

Ich wurde 1977 in Rosenheim geboren. Meine Eltern betrieben damals eine Pension in den Bergen. Dort habe ich aber nur die ersten beiden Jahre meines Lebens verbracht, dann sind wir zurück nach Franken. Aufgewachsen bin in dann also in Schweinfurt im schönen Frankenland. Nach der Schule habe ich eine Ausbildung als Brauer und Mälzer abgeschlossen. Ich war aber nie richtig glücklich damit und habe bereits erste Gehversuche als Musikproduzent und DJ unternommen. Die Kunst hatte es mir ebenfalls angetan. Ich habe dann irgendwann in Bamberg mit Freunden einen Club namens Morph betrieben, wo ich hauptsächlich als Resident DJ tätig war. Später habe ich im ganzen Land aufgelegt und auch in Bands gespielt. Zu diesem Zeitpunkt, also vor rund 25 Jahren, war ich praktisch ständig in Berlin, und die meisten meiner Freunde waren schon längst übergesiedelt.

Der Club hatte mich damals etwas länger gehalten als gewollt, aber so um 2000 bin ich dann ebenfalls nach Berlin gezogen. Das war noch zu D-Mark-Zeiten, verrückt! Ich habe dann erst mal mein Abitur auf dem zweiten Bildungsweg nachgeholt. Danach habe ich zweimal studiert: Sound Studies/Akustische Kommunikation und Mediendesign/-kunst, beides an der UdK Berlin. Während des Studiums habe ich bereits zwei Studios gegründet, die auch immer noch existieren. „Studio Martin Backes“ für meine Kunst und „aconica – creative lab for sound + media“ für kommerzielle Projekte an der Schnittstelle von Design, Sound und Technologie. Außerdem habe ich viele Jahre als Sound Designer und auch als Interaction/UX- Designer und -Berater gearbeitet. Im Grunde bin ich als Freelancer für andere Firmen tätig, und als Künstler und Unternehmer für meine eigenen bereits erwähnten Unternehmen. Außerdem unterrichte ich seit gut zehn Jahren immer wieder als Dozent an diversen Hochschulen. Details »

Mitgehört: Musik aus dem Filter-Schwarm – Heute: Robert Ries, angehender Politologe

Mitgehört: Musik aus dem Filter-Schwarm
Heute: Robert Ries, angehender Politologe
Das Filter – Protokoll vom 20.05.2019

In seiner Kolumne „Mitgehört“ befragt Martin Raabenstein ganz unterschiedliche Menschen, was sie musikalisch umtreibt. Von prägenden Momenten bis zu aktuellen Highlights: Die Jukebox des Filter-Schwarms wird mit jeder Folge bunter. Dieses Mal: Robert Ries. Der 23-Jährige studiert Politologie – mit HipHop, Rock und Techno.

Lieber Robert, stell dich doch zunächst kurz vor.

Geboren wurde ich 1996 in Zweibrücken, als Sohn einer Lehrerin und eines Bildhauers. Dort habe ich auch das Abitur gemacht. Mein dreisemestriges Jura-Studium in Mannheim fand ich nur mäßig spannend, darum wechselte ich 2017 zu Politikwissenschaften mit Beifach Philosophie, ebenfalls in Mannheim. Schon früh war mir die Bedeutung von Bildung klar, darum habe ich immer darauf verzichtet, meine Lehrer grundsätzlich als scheiße abzustempeln. Doch Bildung findet man nicht nur in Klassenzimmern, sondern auch auf der Straße, so bin ich gerade dabei, während eines Urlaubssemesters die Welt zu entdecken. Die Wahrheit liegt nur im Kompromiss. Word!

Schön, dass du uns in deinen musikalischen Alltag schauen lässt. Bevor es damit losgeht: Woran arbeitest du gerade?

Vielen Dank für die Einladung! Wenn man mich sieht, wie ich gerade chille, dann denkt man wahrscheinlich, dass ich viel am Faulenzen bin. Doch das stimmt so nicht ganz. Ich arbeite einfach an mir selbst und versuche, so viele neue Eindrücke aufzunehmen, wie es nur geht. Deshalb habe ich auch mein Studium der Politikwissenschaft und der Philosophie für ein Semester pausiert, um den Frühling in ganz Europa zu verbringen. Ich war schon viel in Westeuropa, also Frankreich, Italien und Belgien unterwegs – den Osten versuche ich mir jetzt via Interrail zu erschließen. Man kann, der Globalisierung sei dank, überall mit Leuten ins Gespräch kommen, und für mich ist das immer sehr aufschlussreich. Die Politik als Ausfluss des jeweiligen kulturellen Verständnisses ist dazu auch ein hervorragender Anknüpfungspunkt. Ich bin sehr froh, von Jura zur Politikwissenschaft gewechselt zu haben, so konnte ich ein enges und lokal begrenztes gegen ein breites und globales Studienfach eintauschen. Details »

Mitgehört: Musik aus dem Filter-Schwarm – Heute: Frederik Van de Moortel, Komponist und Sound Designer

Mitgehört: Musik aus dem Filter-Schwarm
Heute: Frederik Van de Moortel, Komponist und Sound Designer
Das Filter – Interview vom 29.04.2019

In seiner Kolumne „Mitgehört“ befragt Martin Raabenstein ganz unterschiedliche Menschen, was sie musikalisch umtreibt. Von prägenden Momenten bis zu aktuellen Highlights: Die Jukebox des Filter-Schwarms wird mit jeder Folge bunter. Dieses Mal: Frederik Van de Moortel. Der Belgier hat die Musik für zahlreiche Kinofilme komponiert, ist gefragter Sound Designer und am Theater aktiv. Dabei arbeitet er nicht nur im stillen Kämmerlein seines Antwerpener Studios, sondern gibt seine Expertise auch als Lehrer an die nächsten Generationen weiter. „I design sound“ sagt er über sich selbst. Ein Understatement, das nur Menschen droppen können, die mit so vielen Projekten gleichzeitig jonglieren, wie Jeff Mills früher bei einem DJ-Set Platten brauchte.

Lieber Frederik, stell dich doch zunächst kurz vor.

Mit acht Jahren habe ich mir im Schlafzimmer mein erstes Studio gebaut: mit Tapedeck und einem analogen Synth. Ich wollte Filmmusik machen. Daran hat sich bis heute überhaupt nichts geändert, mehr als drei Jahrzehnte später mache ich noch immer dasselbe. Für weitere 30 Jahre habe ich mich auch schon beworben.

Schön, dass du uns in deinen musikalischen Alltag schauen lässt. Bevor es damit losgeht: Woran arbeitest du gerade?

Ich habe gerade den flämischen Film „Cleo“ und das spanische Mixed-Media-Projekt „El Sustituto“ als Sound Designer und Mixer beendet, ebenso die Komposition für das Theaterstück „Een paar is twe“. Parallel dazu habe ich die Arbeit an dem Animations-Kurzfilm „Lying Angel“ begonnen und werde in Kürze für die holländische Schriftstellerin und Performance-Künstlerin Simone Millsdochter an ihrem neuen Theaterstück arbeiten. Und dann ist da noch mein Lehrauftrag für Sound Design und Komposition an der „Luca School Of Arts“ in Brüssel – das nimmt eine Menge Zeit in Anspruch. Details »

Rewind: Klassiker, neu gehört – The Cure – Disintegration (1989)

Rewind: Klassiker, neu gehört
The Cure – Disintegration (1989)
Das Filter – Gespräch: Thaddeus Herrmann, Martin Raabenstein vom 17.04.2019

Am 2. Mai 1989 erschien das achte Studioalbum von The Cure. „Disintegration“ gilt als eine der einflussreichsten Platten der Band um Robert Smith überhaupt. Zwei Jahre nach „Kiss Me Kiss Me Kiss Me“, dem im grellem Orange leuchtenden Doppel-Album, kehrt die im freien Fall befindliche Gruppe zur konzeptuellen Düsternis zurück, die sich jedoch in einem ganz anderen Sound präsentiert. Martin Raabenstein und Thaddeus Herrmann heuern auf einem Öltanker an und schippern 30 Jahre zurück in die Vergangenheit. Zwischen den Stromschnellen der Geschichte des hochtoupierten Leidens wird schnell klar, dass die gemeinsame Seefahrt weder lange dauert, noch lustig ist. Ist das noch innovativ oder nur noch rezitativ? Simon Reynolds wirft den beiden Rezensenten den Rettungsring des Best-of zu, stimmt das „Lullaby“ an, kann aber auch nicht verhindern, dass es kommt, wie es kommen muss. I will always love you.

Martin Raabenstein: Vorsichtige Annäherung von mir diesmal.

Thaddeus Herrmann: Oha, ich rieche Trouble.

Martin: Irgendetwas in mir will mächtig auf die Kacke klopfen, macht es aber nicht.

Thaddeus: Dann erzähle ich dir erstmal, wie ich dieses Album kennengelernt habe. Das muss im Sommer 1990 gewesen sein, also ein Jahr, nachdem es erschienen war. Wir waren auf Kursfahrt in Krakow, es ging gen Auschwitz. Einen Tag machten wir einen Ausflug in ein stillgelegtes Bergwerk. Mit Kapelle und Tennisplatz unter der Erde. Davor war ein kleiner Kiosk und dort kaufte ich das Album auf Bootleg-Tape. Bekam man damals überall in der Gegend – für ungefähr 15 Pfennige pro Kassette. Die restlichen Tage hörte ich die Platte im Walkman. Fand ich toll. Details »

Mitgehört: Musik aus dem Filter-Schwarm – Heute: Daniel Kujawa, Mode-Designer

Mitgehört: Musik aus dem Filter-Schwarm
Heute: Daniel Kujawa, Mode-Designer
Das Filter-Interview vom 08.04.2019

In seiner Kolumne „Mitgehört“ befragt Martin Raabenstein ganz unterschiedliche Menschen, was sie musikalisch umtreibt. Von prägenden Momenten bis zu aktuellen Highlights: Die Jukebox des Filter-Schwarms wird mit jeder Folge bunter. Dieses Mal: Daniel Kujawa. Traditionelle asiatische Schnitte liefern dem Mode-Designer die Inspiration für seine eigenen Kollektionen. Dabei spielt er mit dem Volumen und unterschiedlichen Schichten, um den Träger*innen soviel Freiheit wie möglich zu geben. Lockere Passformen und zum Teil verschlissen wirkende Strukturen bestimmen seinen Stil. Seine Entwürfe, so sagt er, sind ein gleichzeitiges Studium der Grenzen und der Freiheit, die die Bekleidung vorgeben. Wie entsteht solche Mode, bzw.: mit welcher Musik? Martin Raabenstein hat nachgefragt.

Lieber Daniel, stell dich doch zunächst kurz vor.

Geboren wurde ich in einer polnischen Kleinstadt nahe der russischen Grenze. Aus wirtschaftlichen Gründen zogen meine Eltern kurz nach meiner Geburt mit mir und meiner Schwester nach Deutschland – aufgewachsen bin ich in Essen, mitten im Ruhrpott. Dort habe ich auch Ausbildung als Bekleidungstechniker abgeschlossen. Währenddessen arbeitete ich bereits bei einer Designerin in Düsseldorf. Kurz nach meiner Ausbildung habe ich mich eher reflexartig selbstständig gemacht, bin wegen der Liebe nach Berlin gezogen und arbeite seitdem als Designer für mein eigenes Label.

Schön, dass du uns in deinen musikalischen Alltag schauen lässt. Bevor es damit losgeht: Woran arbeitest du gerade?

Ich versuche mal wieder, eine Kollektion auf die Beine zu stellen. Zur Zeit steht noch die Recherche im Vordergrund. Ich probiere viel aus, experimentiere mit Stoffen und neuen Formen – seit Langem beschäftige ich mich erstmals auch wieder mit Färben. Ich kann noch nicht genau sagen, was da entsteht. Zudem liegen noch viele Materialien rum, die benutzt werden wollen. Manche davon habe ich seit fünf Jahren nicht angefasst. Wunderschöne Wollstoffe zum Beispiel, aber auch Reste, die ich aus Japan mitgebracht habe. Details »

Mitgehört: Musik aus dem Filter-Schwarm – Heute: Enrique Domenech, DJ und Beat-Sammler

Mitgehört: Musik aus dem Filter-Schwarm
Heute: Enrique Domenech, DJ und Beat-Sammler
Das Filter-Interview vom 25.03.2019

In seiner Kolumne „Mitgehört“ befragt Martin Raabenstein ganz unterschiedliche Menschen, was sie musikalisch umtreibt. Von prägenden Momenten bis zu aktuellen Highlights: Die Jukebox des Filter-Schwarms wird mit jeder Folge bunter. Dieses Mal: Enrique Domenech. Der Spanier lebt und mixt im spanischen Alicante. Seine große Liebe ist der Jazz. Und weil der in allen nur erdenklichen Genres seine Spuren hinterlassen hat, hört und spielt Enrique querbeet und wieder zurück. Hören kann man das in Clubs, im Radio und in seiner neuen Mix-Reihe „Freeforms“, für die er sogar ein grafisches Wegeleitsystem entworfen hat, damit sich die Beats nicht verlaufen. Und auch für uns hat er schwuppdiwupp noch einen exklusiven Mix gemacht.

Lieber Enrique, magst du dich zunächst kurz vorstellen?

Geboren bin ich 1972 in Alicante, Spanien. So ungefähr mit zwölf Jahren begann ich mich für Musik zu interessieren. Als 19-Jähriger fing ich an meine eigenen Mixe zu bauen, mit 22 legte ich dann in verschiedenen Clubs meiner Heimatstadt und in der Umgebung auf. Fünf Jahre später zog ich nach Dublin, nahm die Sache ernster, fing an intensiv Vinyl zu sammeln und hatte ab 2000 meine eigene Radioshow auf Power FM. Ab 2006 war ich verantwortlich für die Fusionova021 Records Radioshow, die auf Ibiza Sonica und diversen anderen Sendern in ganz Europa ausgestrahlt wurde. Kurze Zeit später verschlug es mich nach Ibiza, spielte regelmäßig im Café del Mar, aber auch zusammen mit Carl Craig, Richard Dorfmeister, Jazzanova, Biggabush und Ben Mono. Um das Management von José Padilla habe ich mich auch mal gekümmert. Seit 2011 lebe ich wieder in Alicante.

Schön, dass du uns in deinen musikalischen Alltag schauen lässt. Bevor es damit losgeht: Woran arbeitest du gerade?

Vornehmlich an meiner Podcast- bzw. Mix-Serie „Freeforms“. Ich interessiere mich für so viele unterschiedliche Arten von Musik, dass da dringend Ordnung rein muss. Ich habe mir dafür ein grafisches System ausgedacht, das mit geometrischen Formen arbeitet. So kategorisiere ich unterschiedliche Genres erst für mich selbst und dann für die Mixe. Das Dreiecks steht dabei für das, was ich „modern beats“ nenne – irgendwas zwischen HipHop, R&B und neuem Soul. Der Kreis dreht sich um eher klassische Tracks, da kommt dann auch Afro und Latin ins Spiel. Das Quadrat ist Stichwortgeber für den 4/4-Dancefloor. Und schließlich gibt noch eine weitere Kreisform, die aber grafisch eher gebrochen ist – hier versammle ich all das, was die Grundlage für Freeforms ist: Jazz. Details »

Mitgehört: Musik aus dem Filter-Schwarm – Heute: Thorsten Lütz, Label-Betreiber und DJ

Mitgehört: Musik aus dem Filter-Schwarm
Heute: Thorsten Lütz, Label-Betreiber und DJ
Das Filter – Interview vom 11.02.2019

In seiner Kolumne „Mitgehört“ befragt Martin Raabenstein ganz unterschiedliche Menschen, was sie musikalisch umtreibt. Von prägenden Momenten bis zu aktuellen Highlights: Die Jukebox des Filter-Schwarms wird mit jeder Folge bunter. Dieses Mal: Thorsten Lütz aka Strobocop, der Macher des wunderbaren Labels Karaoke Kalk.

Lieber Thorsten, magst du dich zunächst kurz vorstellen?

Eigentlich bin ich so ein klassisches 1970er-Jahre-Gewächs. 1971 in Köln geboren, abgebrochenes Studium, dann diverse Jobs im Gastronomiebereich und ein Gastspiel als Praktikant und anschließend als freier Mitarbeiter beim dem nun nicht mehr existierenden Musiksender VIVA. 1997 habe ich dann mit Karaoke Kalk angefangen, bin 2003 nach Berlin gezogen und habe 2005 noch ein Sublabel, inzwischen eingestellt, namens Kalk Pets gegründet. Bis zum Ende der Nuller-Jahre war ich noch als semi-bekannter Dj unterwegs, um dann 2011 bei Manmade Mastering anzuheuern.

Schön, dass du uns in deinen musikalischen Alltag schauen lässt. Bevor es damit losgeht: Woran arbeitest du gerade?

Ich teile meine Zeit zwischen der Label-Arbeit und meinem Job hier bei Manmade, einem Studio für Mastering & Vinylschnitt in Berlin. Ich kümmere mich um die Administration. Also die Kommunikation mit unseren Kunden, Disposition und so weiter. Ziemlich praktisch, da ich auch mein Label-Büro dort habe. Ich kann fließend arbeiten und da Mike Grinser, einer der Inhaber, für das Mastering und den Schnitt von nahezu allen Kalk-Veröffentlichungen in den letzten Jahren verantwortlich ist, würde ich von einer fast perfekten Symbiose sprechen.

Was das Label betrifft arbeite ich gerade an der neuen Veröffentlichung des neuen Albums von Donna Regina, das am 22. Februar erscheint. Weiterhin an einem neuen Album des französischen Musikers Astrobal, der aktuell auch als Schlagzeuger von und mit Laetitia Sadier auf Tour ist. Sein Album „L’infini, l’Univers et les Mondes“ ist für Ende April geplant. Außerdem hat Mike gerade das neue Album von Il Tempo Gigante gemastert. Diese Veröffentlichung steht Ende Mai an.

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Rewind: Klassiker, neu gehört – Joy Division – Unknown Pleasures (1979)

Rewind: Klassiker, neu gehört
Joy Division – Unknown Pleasures (1979)
Das Filter – Gespräch: Thaddeus Herrmann, Martin Raabenstein vom 04.02.2019

43 Songs, vier Singles, drei EPs, zwei Alben und gut 120 Konzerte: Das ist die viel zu kurze Geschichte von Joy Division – abgearbeitet in nur 29 Monaten im Zeitraum zwischen 1978 und 1980. Dann, am 18. Mai 1980, erhängte sich Ian Curtis, der charismatische Sänger der Band, einen Tag, bevor er mit seinen Mitmusikern zur ersten USA-Tour aufbrechen sollte. Ein perfekter Mythos für die nach Orientierung suchende Post-Punk-Jugend des runtergekommenen British Empire. Der Bogen in die Gegenwart könnte offensichtlicher nicht sein. Am 20. Juli 1976 besuchten die beiden Schulfreunde Bernhard Sumner und Peter Hook das Sex-Pistols-Konzert in der Lesser Free Trade Hall in Manchester, kauften sich Instrumente und gründeten die Band „Warsaw“. Curtis war als Sänger schnell dabei und nach einem personellen Gerangel war die finale Besetzung mit Drummer Stephen Morris schließlich komplett. Unter dem neuen Namen Joy Division begründete das Quartett die Manchester-Musiktradition und die Legende rund um ihr Label Factory Records. Die großen Hits „Love Will Tear Us Apart“ und „Atmosphere“ spielen im dystopischen Klangkosmos der Band dabei nur eine von vielen Rollen – dem wahren Sound der Musiker werden diese Songs nur bedingt gerecht. Und sind beide nicht auf dem Debütalbum „Unknown Pleasures“ zu finden – aufgenommen von Martin Hannett im April 1979 im Strawberry Studio in Stockport – dieser nicht minder unwirtlichen Stadt, knapp zehn Minuten mit dem Zug von Manchester entfernt. Und heute? 40 Jahre später? Fahren Martin Raabenstein und Thaddeus Herrmann zwar nicht nach Manchester (Budget-Probleme!), um ganz nah dran zu sein, fragen sich aber, wie hell das vermeintliche Meisterwerk heute noch strahlt.

Martin Raabenstein: Der von uns erst kürzlich besprochene Nick Drake hatte es zu Lebzeiten wenigstens auf drei Alben gebracht, Ian Curtis nur auf eines. Bevor das zweite Joy-Division-Album „Closer“ erschien, war er, dreiundzwanzigjährig, schon tot. Melodrama, Paranoia und Depression, die ureigenen Ingredenzien für eine durchwachsene Mythenbildung. Der unerbittliche Nerd muss die Lyrics von „Unknown Pleasures“ nicht lange durchwühlen, um auf zielführende Hinweise zu stoßen. Bei „Insight“ heißt es unter anderem „But I don’t care anymore, I’ve lost the will to want more, I’m not afraid at all …“. Was machst du, wenn dein best buddy solche Lyrics ausstößt, vor allem in solch düsteren, grau verschlierten No-Future-Zeiten, wie Ende der Siebziger? Holt man den Arzt, kramt Mamas kleine Helferlein-Pillen raus?

Thaddeus Herrmann: Ich kenne Manchester ganz gut, auch bereits vor dem Bombenanschlag. Mich wundert das alles nicht besonders. Der Norden des Landes hatte den Kampf verloren. Das ist auch der Grund, warum die lokalen Szenen – die in Manchester wurde ja praktisch durch Joy Division begründet, zumindest was die Wahrnehmung auf der globalen Karte der Post-Punk-Popkultur angeht – sich auch bewusst abgrenzten gegen London. Manchester, Sheffield, Leeds: Der Sound mag unterschiedlich sein, das Phänomen ist aber ganz ähnlich. Die Einflüsse dürften überall die selben gewesen sein. Details »

Mitgehört: Musik aus dem Filter-Schwarm – Heute: Haru Specks, Vinylprediger

Mitgehört: Musik aus dem Filter-Schwarm
Heute: Haru Specks, Vinylprediger
Das Filter – Interview vom 28.01.2019

In seiner Kolumne „Mitgehört“ befragt Martin Raabenstein ganz unterschiedliche Menschen, was sie musikalisch umtreibt. Von prägenden Momenten bis zu aktuellen Highlights: Die Jukebox des Filter-Schwarms wird mit jeder Folge bunter. Dieses Mal: Haru Specks. Mit seinen musikalischen Themenabenden ist er die weltweit erste Playlist aus Fleisch und Blut.

Das Filter berichtete schon im April 2014 über die „Vinylpredigten“ von Haru Specks aka Diethelm Kröhl. Unterwegs ist er mit der Idee nach wie vor. Das nächste Mal bereits diese Woche: am 30. Januar im Sixpack in Köln. Specks selbst beschreibt diese Abende als „keinen DJ-Act, nichts zum Tanzen, kein Hintergrundgeräusch sondern eine Auseinandersetzung mit unseren Leben und das der Leben unzähliger Musiker und deren Kunst. Die Vinylpredigt ist kein Frontalunterricht, sondern ein Experiment. Das Thema, die Songs, der Raum, die Gäste ergeben jedes Mal eine einzigartige Anordnung. Zwischenrufe sind erlaubt, Dialog ist wichtig. Denn der Vinylprediger ist ein Individuum, ein Subjekt, kein allwissender Halbgott, kein unangreifbarer diplomierter Checker. Er ist angreifbar und auch widerlegbar.“

Lieber Haru, magst du dich zunächst kurz vorstellen?

Ich wurde Anfang der 1960er-Jahre im süddeutschen Raum geboren. Die Eltern mehr oder weniger einfache Arbeiter. Ich schummelte mich durch das Leben, um eine vermeintliche Karriere im Medienbereich zu führen. Vor einigen Jahren hatte ich dann genug davon und versuche seitdem ein Leben zu führen, welches mir behagt. In der Kurzfassung suche ich nach Wahrheit, Schönheit und Güte.
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