Mitgehört: Musik aus dem Filter-Schwarm
Heute: Daniel Kujawa, Mode-Designer
Das Filter-Interview vom 08.04.2019
In seiner Kolumne „Mitgehört“ befragt Martin Raabenstein ganz unterschiedliche Menschen, was sie musikalisch umtreibt. Von prägenden Momenten bis zu aktuellen Highlights: Die Jukebox des Filter-Schwarms wird mit jeder Folge bunter. Dieses Mal: Daniel Kujawa. Traditionelle asiatische Schnitte liefern dem Mode-Designer die Inspiration für seine eigenen Kollektionen. Dabei spielt er mit dem Volumen und unterschiedlichen Schichten, um den Träger*innen soviel Freiheit wie möglich zu geben. Lockere Passformen und zum Teil verschlissen wirkende Strukturen bestimmen seinen Stil. Seine Entwürfe, so sagt er, sind ein gleichzeitiges Studium der Grenzen und der Freiheit, die die Bekleidung vorgeben. Wie entsteht solche Mode, bzw.: mit welcher Musik? Martin Raabenstein hat nachgefragt.
Lieber Daniel, stell dich doch zunächst kurz vor.
Geboren wurde ich in einer polnischen Kleinstadt nahe der russischen Grenze. Aus wirtschaftlichen Gründen zogen meine Eltern kurz nach meiner Geburt mit mir und meiner Schwester nach Deutschland – aufgewachsen bin ich in Essen, mitten im Ruhrpott. Dort habe ich auch Ausbildung als Bekleidungstechniker abgeschlossen. Währenddessen arbeitete ich bereits bei einer Designerin in Düsseldorf. Kurz nach meiner Ausbildung habe ich mich eher reflexartig selbstständig gemacht, bin wegen der Liebe nach Berlin gezogen und arbeite seitdem als Designer für mein eigenes Label.
Schön, dass du uns in deinen musikalischen Alltag schauen lässt. Bevor es damit losgeht: Woran arbeitest du gerade?
Ich versuche mal wieder, eine Kollektion auf die Beine zu stellen. Zur Zeit steht noch die Recherche im Vordergrund. Ich probiere viel aus, experimentiere mit Stoffen und neuen Formen – seit Langem beschäftige ich mich erstmals auch wieder mit Färben. Ich kann noch nicht genau sagen, was da entsteht. Zudem liegen noch viele Materialien rum, die benutzt werden wollen. Manche davon habe ich seit fünf Jahren nicht angefasst. Wunderschöne Wollstoffe zum Beispiel, aber auch Reste, die ich aus Japan mitgebracht habe.
Was hörst du zur Zeit gerne?
Sehr unterschiedlich. Meine Playlisten bestehen aus einer wirren Mischung. Von Wiener Klassik und Game-Musik über J-Pop und Chansons bis zum experimentellen Elektronik ist wirklich alles dabei. Drei Alben haben es mir im Moment jedoch besonders angetan: „Keira“ von Susso, dem elektronischen Projekt mit Afro-Einschlag des Bassisten Huw Bennett, „Dans ma main“ von Jean-Michel Blais und „Assume Form“ von James Blake.
Was fasziniert dich ganz konkret daran? Du hast doch bestimmt eine persönliche Geschichte zu diesen Platten.
Huw Bennett ist für „Keira“ nach Gambia gereist, hat traditionelle Musik aufgenommen und sie mit kontemporären elektronischen Klängen vermengt. Besonders gefällt mir die Balance, die das Album hat – keines der beiden Elementen wird zum Beiwerk; sie ergänzen sich vielmehr. Die Arbeit von Jean-Michel Blais erinnert mich an eine Mischung aus Nils Frahm und Yann Tiersen, beides Musiker, deren Arbeit ich sehr schätze. Sein erstes Album „Il“ war letztes Jahr eine Entdeckung für mich, „Dans ma main“ hat ein Gefühl und eine zusätzliche Dreidimensionalität, die mich fasziniert und inspiriert. James Blake finde ich schwer zu erklären. Wer ihn gerne hört, weiß warum er es tut oder hat es einfach im Gefühl. Ich finde, dass seine Musik einen ganz eigenen, einzigartigen Klang hat. Mir würde kein anderer Künstler einfallen, mit dem ich ihn vergleichen könnte. Für mich ist Blake tonale Metaphorik und soulige Lyrik.
Verbringst du generell viel Zeit mit Musik?
Ich habe ununterbrochen Musik um mich herum. Ich brauche sie beim Arbeiten, Autofahren und zum Denken. Auch gerne zum Einschlafen. Wenn ich das Haus verlasse, habe ich meine Musik immer dabei. Das ist manchmal hinderlich, denn man verpasst auch gerne in der U-Bahn die Haltestelle, an der man aussteigen wollte.
Erinnerst du dich, wie du zum ersten Mal mit Musik in Berührung gekommen bist? Was ist deine älteste tonale Erinnerung?
Mein Vater war in seiner Freizeit schon immer ein passionierter DJ. Auch meine Mutter hat ständig Musik gehört – für mich was Musik etwas ganz Selbstverständliches. Ich bin mit Künstlern wie Boney M, Depeche Mode, Limahl, Inxs, TLC, Destiny’s Child, Deep Purple und später auch mit Britney Spears aufgewachsen. Als ich drei oder vier war, hat meine Mutter besonders gerne eine argentinische Telenovela namens „Muñeca Brava“ mit Natalia Oreiro in der Hauptrolle geschaut. Oreiro hat auch den Titelsong der Serie „Camblo Dolor“ gesungen – das war das absolute Lieblingslied meines dreijährigen Ichs.
Und dein All-time-favourite? Track oder Album?
Als Album werde ich mir wohl „For Emma, Forever Ago“ von Bon Iver immer anhören können. Mein Lieblings-Track bleibt derweil „Cosmic Love“ von Florence + The Machine.